Sebastian Krämer trägt komisch gebundene Krawatte und Weste, Marco Tschirpke ein saloppes T-Shirt. Ganz unterschiedlich ist auch die Machart ihrer Lieder. Krämer gibt Geschichten Raum, Tschirpke lässt Gedanken kurz aufleuchten wie Blitze. Sie benennen ihr neues Bühnenstück schon im Titel das naheliegende dramaturgische Konzept: «Ich ’n Lied – du ’n Lied».
Sebastian Krämer verfügt über Sprachgefühl und Wortsicherheit wie wenige in der heutigen Liederszene. Bei ihm dürfen wir Erfahrungen nicht nur risikoloser machen, sondern dabei auch noch Reime geniessen, die wir nie gehört haben («Gestern war ich im Reisezentrum, man stand um die Schalter wie um eine Band rum.»), und uns an Kompositionen erfreuen, die den Rhythmus des Kabarettchansons mit einprägsamen Melodien verbinden. Auf die Tasten des Flügels schaut er genauso wenig wie Marco Tschirpke, der, passend zu seinen Texten, karge Klänge liebt, die Stimmungen nur anreissen. Zwischendurch serviert er aber auch – mit schmunzelndem Hinweis auf Bach, der einst die Buchstaben seines Namens komponierte – unerwartet kleine Fugen auf die Töne F-D-G-B und B-A-S-F. Nur nicht zu viel machen! Seine Minisongs, die er selbst «Lapsuslieder» nennt, sind Hochkonzentrate. Oft lassen sie den Wunsch zurück, er möge doch auch mal einen Gedanken ausführen, statt nur Ideen zu benennen.
An Selbstironie mangelt es jedenfalls keinem der beiden. Einmal tauschen sie sogar mit diebischer Freude die Rollen und lassen das Publikum erstaunt feststellen: Krämer kann auch kurz und Tschirpke auch lang. Aber ihre Kleidung wechseln sie deshalb nicht.